Pfandsammler und Menschenwürde

(R) Adobe Stock 54170533 - Pfandflaschen

Seit einigen Jahren sieht man in deutschen Städten immer häufiger Menschen Pfandflaschen sammeln. Damit wollen diese meistens ihr geringes Einkommen aufbessern. Schaut man genauer hin, bemerkt man, dass ältere Menschen davon auch betroffen sind.

Da die leeren Pfandflaschen häufig in den öffentlichen Mülleimern landen, müssen die Sammler, um an die Flaschen zu kommen, in den Müll greifen. Das ist für diese nicht ungefährlich, da man sich durch Scherben verletzen kann und es außerdem höchst unhygienisch ist. Viel schwerer wiegt jedoch nach meinem Verständnis die psychische Belastung dabei. Uns wird doch immer gesagt, dass wir in einem der reichsten Länder auf diesem Planeten leben. 

Wieso müssen dann Menschen sich auf diese Art und Weise ein Zubrot verdienen? Wer ist dafür verantwortlich? In den Jahren 2003-2005 setzte die damals rot-grüne Regierung (SPD und Bündnis 90/Die Grünen) unter Bundeskanzler Gerhard Schröder die Reform Agenda 2010 um. Im Zuge dieser Reform fand ein tiefgehender sozialer Wandel statt, der zu weniger sozialversicherungspflichtigen Jobs geführt hat. Zugleich beziehen seither viele Menschen das Arbeitslosengeld II.

Die Sozialausgaben sind somit gestiegen, zugleich die Einzahlungen in die Rentenkasse gesunken. Daher wurde das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz im Jahr 2004 beschlossen, welches das Rentenniveau im Jahr 2020 auf 46 und im Jahr 2030 auf 43 Prozent senkt. Gleichzeitig sind Mieten und Lebenshaltungskosten erheblich gestiegen. Somit reichen für viele, insbesondere ältere Menschen, die monatlichen Einkünfte nicht mehr aus und sie sammeln Pfandflaschen, um sich ein paar Euros dazu zu verdienen. Da hat der damalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin ja 2003 vorausschauend gedacht, als er zum Schutze der Umwelt das Pfand auf Einwegflaschen einführte. Ich bin davon überzeugt, dass zwischen der Einführung der Agenda 2010 und der Änderung des Pfandgesetzes ein Zusammenhang besteht. 

Nun hat ein findiger Designer vor einigen Jahren die Idee gehabt und eine Metallmanschette entworfen, die über den öffentlichen Mülleimern angebracht werden, um dort die leeren Flaschen hineinzustellen und den Menschen das unwürdige Wühlen im Müll zu ersparen. 

Dies hat der Stadtverordnete Ole Gawande (FDP) aufgegriffen und in der letzten SVV den Antrag eingebracht, an allen Mülleimern in Velten solch eine Manschette anzubringen. Er möchte den betroffenen Menschen ein wenig Würde zurückgeben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass diesen Menschen die Würde genommen wurde. Im Artikel 1 Grundgesetz steht allerdings:“ Die Würde des Menschen in unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Mit der Einführung der Agenda 2010 und dem Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz hat somit die vermeintlich soziale SPD gemeinsam mit den vermeintlich umweltfreundlichen Grünen einen Teil der deutschen Bevölkerung in Armut gebracht und mit dem geänderten Pfandgesetz dafür gesorgt, dass diese Menschen im Müll nach Pfandflaschen suchen können, um ihr Einkommen etwas aufzustocken.

Damit wurden menschenunwürdige Bedingungen geschaffen und gegen das Grundgesetz verstoßen. Und diese möchte man jetzt mit ein paar Metallmanschetten relativieren und suggerieren, dass man diesen Menschen helfen möchte. 

geschrieben von
Gabriele Schade

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